Inhalt | Verfilmung eines mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Broadway-Stücks durch den Autor. 1964 in der Bronx: Die Veränderungen der amerikanischen Gesellschaft seit den 60er Jahren und der Wind des Zweiten Vatikanischen Konzils erreichen auch die katholische Privatschule St. Nicholas. Zwischen dem Priester Flynn und der Nonne Aloysia, der Schulleiterin, herrscht unerklärter Krieg, denn während der eine weltoffene, anti-autoritäre Ansichten pflegt, setzt die andere auf Disziplin, Einschüchterung und Angst. Als Flynn in einer Predigt den Zweifel an scheinbaren Gewissheiten thematisiert, setzt die Nonne eine naive junge Mitschwester auf Flynn an, sie soll Merkwürdigkeiten in seinem Verhalten beobachten. Flynn, der sich rührend des ersten farbigen Schülers der Schule annimmt, sieht sich plötzlich mit dem unausgesprochenen Vorwurf des Missbrauchs konfrontiert. Als die Nonne Flynn damit konfrontiert, weist er dies entschieden zurück, aber der Konflikt eskaliert weiter. Um den missliebigen Priester endlich loszuwerden, greift Schwester Aloysia zu einem Bluff: Sie habe Informationen über das Vorleben des Priesters in seiner letzten Pfarrei - eine glatte Lüge. Flynn resigniert und wird versetzt, der Nonne kommen Zweifel über ihr Vorgehen. |
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Positivkennzeichnung | Dem Film geht es weniger um das Motiv des Missbrauchs, vielmehr will er im Konflikt der beiden Hauptfiguren die Unsicherheit von sicher geglaubten Wahrheiten herausarbeiten. Zudem legt der Film viel Wert auf die Darstellung der Geschlechterverhältnisse. Am Anfang gelten die Sympathien des Zuschauers dem weltoffenen Priester, unterstrichen durch Einstellungen, die ihn im Stiegenhaus unter einem Fenster mit dem Auge Gottes zeigen, das wohlwollend herabblickt. Anders die Nonne: Sie wird formal eingeführt durch eine extreme Untersicht von hinten, die sie in ihrem schwarzen Ordensgewand bedrohlich erscheinen lässt (der Film liebt die Symbolik, überstrapaziert sie aber: Maus und Katze, Krähe, gebrochene Äste, fliegende Federn usw.). Doch zunehmend werden Szenen eingestreut, die die scheinbaren Gewissheiten infrage stellen, etwa wenn ein Schüler vor der Berührung durch den Priester zurückweicht oder wenn Zweifel an der Rechtschaffenheit der Beweggründe der Nonne genährt werden. Verkörpert wird die ambivalente Einstellung zu den Figuren durch die junge Mitschwester, die zwischen dem Priester und ihrer Vorgesetzten hin und her schwankt. Wichtiger als die Klärung ist dem Film freilich der Prozess des Zweifelns, dem entspricht denn auch das (halb)offene Ende. Auch interessiert er sich weniger dafür, wie Mutmaßungen, Gerüchte und Andeutungen das Leben eines Menschen ruinieren können, denn Flynn macht einen Karrieresprung. Seinen Höhepunkt erreicht das moralische Dilemma der Nonne im Gespräch mit der Mutter des farbigen Schülers: Ein möglicher Missbrauch ist für sie weniger schwerwiegend als die Chance, dass ihr Sohn einen Schulabschluss erreicht, der ihm Chancen auf eine gute Highschool ermöglicht. Vor allem dem Darstellerensemble ist zu danken, dass der Film, dessen Dialoglastigkeit auf dem zugrunde liegenden Theaterstück basiert, funktioniert. Freilich kann man darüber streiten, ob die filmische Erkenntnis, dass es in Glaubensfragen stets auch Zweifel gibt, sonderlich originell ist. Empfehlenswert als Verfilmung eines Theaterstücks ab 12 Jahren. |
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