Filmdatenbank der Jugendmedienkommission (JMK)

Details zu einem Film

Titel: Paradies: Liebe (TV-Version)

Originaltitel: Paradies: Liebe
Filmtyp: DVD
Herstellungsjahr: 2012
Herkunftsländer: Deutschland, Frankreich, Österreich
Länge: 01:57:00 (hh:mm:ss)
Sprachversion: deutsch
Sprache Ton
Regie: Ulrich Seidl
DarstellerInnen: Margarethe Tiesel (Teresa), Peter Kazungu (Munga), Inge Maux (Inge), Dunja Sowinetz (Touristin 1), Helen Brugat (Touristin 2), Gabriel Mwarua (Gabriel), Carlos Mkutano (Salama), Josphat Hamisi (Beachboy)
Verleiher: ORF

Inhalt: Die Mittfünfzigerin Teresa arbeitet mit geistig behinderten Menschen und ist Alleinerzieherin einer sich mitten in der Pubertät befindenden, sehr anstrengenden Tochter, die mit ihren eigenen Problemen beschäftigt ist. Teresa empfindet ihr Leben als ziemlich eintönig, sehnt sich nach Abenteuern und hofft, doch noch einmal die große Liebe zu finden. So beschließt sie zu ihrem Geburtstag auf Urlaub nach Kenia zu fliegen und erhofft sich dort die Erfüllung ihrer romantischen, aber auch sexuellen Fantasien, angeregt durch ihre etwas vulgäre Freundin, die bereits einen sehr jungen afrikanischen Liebhaber hat. Anfänglich scheint dieser Wunschtraum aussichtslos, doch dann lernt sie den um vieles jüngeren Kenianer Mungo kennen, der sich sehr für sie zu interessieren scheint und ihr das Gefühl gibt, wieder begehrt und geliebt zu werden. Teresa verliebt sich Hals über Kopf in den jungen Mann, der sich als sogenannter Toyboy entpuppt und mit allen möglichen Tricks und Lügen immer mehr Geld von ihr für seine Dienste fordert ...

Alterskennzeichnung: Im ersten Teil von Ulrich Seidls Trilogie "Paradies" wird die Geschichte einer Frau in den mittleren Jahren erzählt, die frustriert und ausgehungert nach romantischer Liebe einen Urlaub in Kenia verbringt. Der eindeutig dem Genre "Erwachsenenfilm" zuzuordnende Streifen hat schon aufgrund des vorherrschenden Themas "Sugarmama sucht Toyboy" kein jüngeres Publikum als Zielgruppe, das mit etlichen sehr verstörenden Szenen eindeutig emotional überfordert wäre. In ungeschönten Bildern werden viel nackte Haut und auch die Geschlechtsteile von Männern und Frauen gezeigt, Liebesakte werden angedeutet, Drogen werden konsumiert und auch die zum Teil sehr derbe Sprache der Hauptprotagonistinnen ist bei der Alterskennzeichnung zu berücksichtigen.
Als besonders belastend wurde von allen Kommissionsmitgliedern die Szene empfunden, in der ein junger Schwarzafrikaner für einen Striptease und anschließende Liebesdienste von vier ältlichen Frauen engagiert wird. Der junge Mann wird zum Lustobjekt degradiert, der das zu tun hat, was die Frauen wollen. Sie versuchen ihn auf sehr deftige Art und Weise zu erregen, was aber verständlicherweise nicht gelingt. Schlussendlich wird er endgültig auf sein sich nicht erigieren wollendes Geschlechtsteil reduziert und hinausgeworfen.
Ulrich Seidls pseudodokumentarischer Filmstil erweckt den Eindruck einer sehr realitätsnahen Erlebnisebene, was eine emotionale Distanzierung zusätzlich erschwert. Nach langer Diskussion entschied sich die Kommission mit sehr knapper Mehrheit für eine Altersfreigabe ab 14 Jahren.

Positivkennzeichnung: Der österreichische Ausnahmeregisseur Ulrich Seidl plante ursprünglich einen großen Episodenfilm mit dem Titel "Paradies". Nach vier Jahren Dreharbeit und insgesamt 80 Stunden Filmmaterial entstand jedoch eine Kinotrilogie über die Geschichten dreier Frauen einer Familie. Den Auftakt zur Trilogie macht die Episode "Paradies: Liebe", in der das Tabuthema Sextourismus aufgegriffen wird. Sogenannte "Sugarmamas" begeben sich nach Kenia, um dort junge Schwarzafrikaner abzuschleppen und sich Liebesdienste und erotische Abenteuer zu erkaufen.
Dem Regisseur gelang ein sehr kluger Film über Geschlechterverhältnisse, Sexismus, Rassismus und Macht, aber auch über die Sehnsucht nach Liebe und die auf den Fuß folgende Desillusionierung, die schließlich zur Resignation führt. Er zeigt die Problematik des sogenannten Neo-Kolonialismus auf und löst beim Rezipienten die unterschiedlichsten Gefühle aus, wie extremes Fremdschämen und Abscheu, aber auch Mitleid und Verständnis, sowohl für die nach romantischer Liebe suchende ältere Frau als auch für die sich prostituierenden Männer, die um ihre Existenz kämpfen.
Die Kommission einigte sich darauf, den Film mit "empfehlenswert " als sozialrealistisches Drama ab 18 Jahren positiv zu kennzeichnen.

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